Die Hochrheinbahn ist das Rückgrat für tausende Pendler und Reisende zwischen Basel, Waldshut und dem Klettgau. Doch seit dem 14. Juli 2025 ist auf der Strecke vieles anders: Nacht für Nacht werden Züge gestrichen, ersetzt oder umgeleitet.
Bis zum 13. Dezember sollen Bauarbeiten zwischen 22:20 Uhr und 02:40 Uhr den Weg für ein elektrifiziertes Bahnnetz ebnen. Eine Maßnahme, die für die einen dringend notwendig – für andere vor allem nervenzehrend ist.
Was aktuell auf den ersten Blick wie ein Störfeuer im Fahrplan wirkt, ist Teil eines 434-Millionen-Euro-Projekts, das den Bahnverkehr der Region grundlegend verändern soll. Die Elektrifizierung der Hochrheinbahn – seit Jahrzehnten gefordert – ist ein Großprojekt, das längst überfällig war. Sie bringt nicht nur ökologische Vorteile, sondern verspricht auch schnellere Verbindungen, moderne Bahnhöfe und eine bessere Verknüpfung mit dem internationalen Netz.
Doch auf dem Weg zur zukunftsfähigen Infrastruktur stehen viele Anwohner, Berufspendler und Nachtschwärmer derzeit buchstäblich im Dunkeln.
Wer in den späten Abendstunden unterwegs ist, muss sich seit Mitte Juli auf Busse statt Bahnen einstellen. Gerade in ländlichen Orten wie Laufenburg, Tiengen oder Albbruck, wo das ÖPNV-Angebot ohnehin nicht im Überfluss vorhanden ist, werden die Nachtbaustellen zum echten Geduldsspiel.
Dabei sind die kommunizierten Fahrpläne oft nicht mehr als grobe Orientierung. Verspätete Ersatzbusse, verwirrende Umstiege und wenig beleuchtete Haltestellen sorgen für Verunsicherung – insbesondere bei älteren Reisenden oder Menschen, die auf barrierefreien Zugang angewiesen sind.
Zugleich ist klar: Die Deutsche Bahn bemüht sich sichtbar, Ersatzangebote bereitzustellen und Anwohner frühzeitig zu informieren. So fand am 17. Juli eine Informationsveranstaltung in Wallbach statt – ein Schritt in die richtige Richtung. Doch bleibt die Frage: Reicht das aus?
Nicht zu unterschätzen ist auch die Belastung für die Anwohner entlang der Strecke. Bauarbeiten mitten in der Nacht – mit schwerem Gerät, Lichtanlagen und Lärm – sind kein sanftes Sommerrauschen. Gerade in kleinen Gemeinden, wo die Gleise oft nur wenige Meter von Wohnhäusern entfernt verlaufen, wird das Zuhause zeitweise zur Baustelle.

Zwar gelten gesetzliche Lärmschutzgrenzen, doch wer nachts wachliegt, weil Betonfräsen ihren Takt vorgeben, dem hilft wenig der Hinweis auf zukünftige Verbesserungen.
Es wäre zu einfach, die Nachtbaustellen nur als Belastung darzustellen. Vielmehr sind sie Ausdruck eines Modernisierungsprozesses, der selten ohne Reibung verläuft. Dass eine der letzten nicht elektrifizierten Hauptstrecken Deutschlands nun fit für die Zukunft gemacht wird, ist ein klares Signal: Der Hochrhein ist kein Abstellgleis mehr, sondern wird Teil eines vernetzten, europäischen Bahnraums.
Die Herausforderung besteht darin, dass der Fortschritt nicht über die Köpfe der Menschen hinwegrollt. Gute Kommunikation, mehr Transparenz und echte Mitsprachemöglichkeiten vor Ort könnten dabei helfen, die Akzeptanz zu stärken – auch wenn der Wecker am nächsten Morgen nach einer kurzen Nacht klingelt.